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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 109

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
109 alter. Der Stadtrat und die städtischen Beamten im Mittelalter. Bruno Gebhardt, Die Städte in: Handbuch der deutschen Geschichte.) Es war eine stattliche Versammlung, in welche die Städte 1255 ihre Abgeordneten senden durften. Auf den Reichstagen trafen die alten Gegner zusammen: Städte und Grundherren. Unter diesen nahmen die Geistlichen eine hervorragende Stellung ein. Waren sie es doch gewesen, die dem Könige gegen die weltlichen Fürsten eine kräftige Stütze gewährten, solange die Einsetzung der Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte in den Händen des Königs lag. Seitdem aber Gregor Vii. die Investitur der hohen Geistlichen für den päpstlichen Stuhl in Anspruch genommen und verlangt hatte, daß wie in uralter Zeit die kirchlichen Wahlen nur durch die Domkapitel (Vereinigung aller zum Dome gehörigen Geistlichen) geschehen solle, gerieten auch diese Verhältnisse ins Schwanken und haben sich erst nach langem Kampfe wieder befestigt: die Geistlichkeit, deren freie Wahl der weltliche Herrscher gestatten mußte, stand nun den übrigen Fürsten im Reiche gleich, da sie nur für ihre weltlichen Sehen den Treueid zu leisten hatte. Was die Herzöge, Markgrafen, Grafen u. s. w. durch die Erblichkeit der Lehen an Freiheit gewonnen hatten, das fiel der Geistlichkeit dem Könige gegenüber durch den im Wormser Konkordate ausgesprochenen Frieden zwischen König und Papst zu. Es gab in Deutschland sechs Erzbistümer: Mainz, Köln, Trier, Bremen-Hamburg, Magdeburg und Salzburg. Unter jedem Erzbistume standen mehrere Bistümer; der Erzbischof war der Metropolitan, die ihm unterstellten Bischöfe die Suffragane. Bistümer befanden sich in Worms, Speier, Konstanz. Straßburg, Basel, Passau, Salzburg. Regensburg, Würzburg, Erfurt, Eichstädt, Freisingen, Minden, Münster, Osnabrück, Paderborn, Halberstadt, Hildesheim und Verden. Die älteste Kirche unterschied bloß Bischöfe und Priester, beide durften die Messe lesen. Zur Hilfeleistung bei dem heiligen Dienste wurden Diakonen (Pfarrhelfer) und Subdiakonen verwendet; die Ako-luthen (Messediener) hatten die heiligen Gefäße beim Altardienste zuzureichen; die Exorcisten mußten durch Gebete und Handauflegung die bösen Geister aus den Besessenen vertreiben, die Sektoren die heiligen Schriften vorlesen; den Dstiarien war die Obhut der Versammlungsorte anvertraut. Ostiarius, Sektor, Exorcist und Akoluth umfaßten die niebern ober kleinen Weihen (ordines minores). Diesen Die Geist- lich- keit.

2. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 97

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
97 abgehalten. Es tritt in die Reihe der öffentlichen Gerichte ein, indes bleibt die hohe oder peinliche Gerichtsbarkeit dem Landgerichte vorbehalten. Einige Städte, namentlich die sogenannten Reichsstädte, haben auch diese Berechtigung erworben. Aus dem Stadtgericht ging der S t a d t r a t hervor, dem der Marktherr die Verwaltung des Warenverkehrs übertrug. Die Vereinigung der Kaufleute zu einer Gilde wurde die Vorläuferin der Handwerkerverbindungen oder der Zünfte. Auch die königlichen Pfalzen gaben vielfach Anlaß zu Städte-gründungen (Aachen, Ulm, Frankfurt a. M., Goslar. Quedlinburg), nicht minder die Residenzen und Burgen der Herzöge, Markgrafen u. s. w. (München, Braunschweig, Lübeck, Freiburg im Breisgau). Zu den Städten, welche aus Burgen, die zur Verteidigung der Grenzen dienten, entstanden sind, gehören Erfurt, Magdeburg, Merseburg, Brandenburg, Meißen, Hamburg u. s. w. Solange gewaltige Herrscher ihre Hand schirmend über das Volk Einhielten, machte die gedeihliche Entwicklung der Städte stetige Fort-'"°^'"' schritte. Schon konnte man erkennen, daß die großen Bauernwirtschaften, die sich um einen königlichen oder geistlichen Herrenhof reihten, eine Bevölkerung enthielten, die von den Fesseln des Hofrechts befreit werden wollte. Ihre ganze Arbeit ward durch die Bedürfnisse des Hofes geregelt: einigen dieser unfreien oder hörigen Leute lag die Bewirtschaftung des herrschaftlichen Grund und Bodens ob, andere hatten die dazu nötigen Werkzeuge und Gerate herzustellen oder die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse unter der Leitung von Meistern in Arbeitshäusern zu besorgen (Anfänge des Handwerks), wieder andern war die persönliche Bedienung der Herrschaft über-trogen. Zum Lohn aller dieser Arbeiten gewährte der Herr den Hörigen seines Hofes den nötigen Lebensunterhalt und feinen Schuh, sowie die Vertretung vor Gericht. Als nun unter der Regierung schwacher Könige alle Bande der Ordnung sich lösten, als die Großen des Reiches mit räuberischer Hand ihren eigenen Besitz aus Kosten der Schwächeren zu mehren trachteten, da suchten viele der Bedrängten den Schutz der Kirche oder des Klosters auf und traten unter die Vogtei der Bischöfe. Schon die alten Könige, besonders Karl d. Gr., hatten Kirchen und Klöster Deutsche Kulturgeschichte. I. 2te Aufl. 7

3. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 100

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
100 Sachen zur Benutzung für die Zeit ihres Lebens übergeben war, fiel früher nach ihrem Tode wieder an den Herrn zurück, die Kinder der Verstorbenen bekamen nichts davon, selbst dann nicht, wenn wesentliche Stücke des Nachlasses durch die Thätigkeit der Eltern erworben und gewonnen waren. Das hatte sich geändert: nicht mehr der ganze Nachlaß fiel an den Herrn zurück, sondern dieser nahm nur einen Teil des Erbes an sich. Es war dieser sogenannte Buteil oder Sterbefall ja immerhin eine drückende Last, die den Stachel zur Empörung immer tiefer in die Seele trieb, aber den Verhältnissen der auf dem Lande scharwerkenden Bevölkerung gegenüber, die in dem vom freien Bauer zum zinsgebenden, vom besitzenden zum besitzlosen Knecht herabsinkenden Gefährten nur den Lauf des Schicksals sah, dem sie in ihrer Gesamtheit verfallen mußte, stellte sich das Los des städtischen Unfreien als das bessere dar. Dem überall in den Städten bemerkbaren Fortschritt entsprach die stetig zunehmende Einwanderung. Sie führte Leute aus allen Ständen, den jüngeren Sohn des Edelmanns, der in den Hofdienst des Bischofs eintrat, den freien Bauern, der Haus und Speicher in der Stadt baute, um die Erträge seiner Wirtschaft auf dem städtischen Markte besser verwerten zu können, den freizügigen Landsassen, der sich einer Handwerkerinnung anschloß, wie auch Hörige, die in der Stadt leichter zum Erwerb und zur Freiheit zu kommen hofften, in die Thore der umwallten Burg. Eine ähnliche Erscheinung bot in neuerer Zeit Amerika. Wenn auch mancher Nichtsnutz seinen Fuß auf den Boden des noch wenig bekannten Landes setzte, so brachte doch die große Mehrzahl der Einwanderer einen Schatz von Gaben und Kräften in das neue Heimatland mit, die dort zu freier Entfaltung gelangten und zum Aufblühen desselben wesentlich beitrugen. Wie in der Stadt die einzelnen Gesellschaftsklassen sich noch sonderten, ist auch an der Wahl ihrer Wohnungen zu erkennen. In der Nähe der bischöflichen Burg bauten Hofbeamten und Ministeriale ihre Häuser, die in der Stadt manchmal eine besondere Stadt bildeten (die Königsstadt in Regensburg) oder aber, wenn der Wohnsitz des Regenten außerhalb der Thore lag, neben der Bürgerstadt eine selbständige Burgstadt darstellten (Schöneck). Die Geistlichkeit wohnte in der Nähe ihrer Kirche. Es gab infolge davon nicht nur eigene Pfaffenstädte in den Städten (Regensburg, Magdeburg, Paderborn, Münster, Osnabrück, Worms), sondern diese Pfaffenstädte wurden zu

4. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 126

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
126 womit der Käufer betrogen, die Arbeit und das Handwerk verstümpelt und in bösen Verruf gebracht wird', und fetzt für jedes Machwerk dieser Art eine Strafe von zehn Psnnd neuen Geldes fest. — Ten Tischlern war verboten, wurmstichiges Holz mit gemaltem Papier zu verkleben und aus solche Weise eine neue Arbeit betrüglich zierlich zu machen." Der städtische Leinwandmesser Hermann Blome in Osnabrück schwört, als er im Jahre 1473 sein Amt antritt, daß er „das schlechteste Seinen aussondern, nicht zwei Stücke zusammenlegen und dann zeichnen will, daß er kein fremdes Seinen zeichnen, seine Elle nur an einer Seite, nicht auch aus der entgegengesetzten mit den Maßzahlen versehen, jedem Käufer freie Wahl lassen, nicht Seinen und Garn für eigene Rechnung kaufen und verkaufen will." Wie bereits von Osnabrück gemeldet wurde, so waren auch tn andern Städten geschworene Meister verpflichtet, einmal oder öfter im Jahre in den Werkstätten, bei den Verkaufsständen oder in den Kaufläden zu prüfen, ob die Arbeiten oder die Verkaufsgegenstände nach Beschaffenheit, Gewicht, Maß, Zahl, Mischung u. s. w. tadellos waren. Schlecht befundene Sachen wurden vernichtet und der betreffende Besitzer mit einer Geldstrase belegt. Oft begnügte man sich aber damit noch nicht. In Regensburg sollte derjenige Tuchmacher, der beim Verkauf gefälschter Tücher betroffen wurde, 3 Pfund Strafe bezahlen und, wenn er diese Summe nicht erlegen konnte, eine Hand verlieren. Bäcker, die schlechte Backwaren lieferten, wurden an einigen Orten mit Gefängnis bestraft, ober aber man schloß sie mittels einer Kette an den Pranger, so daß jeber Einwohner der Stadt den unreblicheu Menschen kennen lernte. An andern Orten verurteilte man die betrügerischen Backamtsmeister zum Schnellgalgen (Wippe). Sie mußten sich in einen Korb setzen, der <m langer Stange über einer Pfütze hing. Dann tauchte man den Korb in die Pfütze, so daß die Schuldigen ganz durchnäßt und beschmutzt wurden. Unter den ältesten Gewerben stehen diejenigen, welche für die menschliche Nahrung sorgten, Bäckerei und Schlachterei, an der Spitze. Eine Verfügung des Bischofs Wedekind von Osnabrück aus dem Jahre 1266 erkennt an, daß die Fleischer zu Osnabrück von dem Vieh, welches sie schlachten und im Scharren verkaufen, keinen Zoll zu zahlen brauchen. 1387 gab es in Frankfurt a. M. bereits hundert Bäcker. Ihnen schließen sich die Brauer an. In hoher Blüte stand in den meisten Städten das Gewerbe der „Lakenwürker", Tuchmacher, Weber u. s. w. Im

5. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 72

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
und die gewaltsame Bekehrung seines Landes duldete. Erzbischof von Köln war seit 1577 Gebhard Truchseß, der anfangs zum Papismus hielt, nach und nach aber von der Wahrheit der evangelischen Lehren sich überzeugte. Wie andere seiner vornehmen Genossen, war auch er nicht von strengem Lebenswandel; er hatte mit der Gräfin Agnes von Mansfeld, einer Kanonissin im freiadligen Stift zu Gerresheim, ein Liebesverhältnis angeknüpft. Er entschloß sich, dasselbe zum Ehebunde zu erheben (1583), nachdem er vorher zur Reformation übergetreten (1582). In den aus diesem Schritte entspringenden Feindseligkeiten unterlag er kaiserlichen und spanischen Truppen, wurde mit dem päpstlichen Banne belegt und mußte fliehen. Den Erzbischof Heinrich von Bremen aber, der auch Bischof von Paderborn und Osnabrück war, verhinderte nur ein früher Tod am förmlichen Übertritte. Sofort nahmen Jesuiten, von jener Waffengewalt unterstützt, die Gebiete beider Kirchenfürsten ein; sie eroberten ganz Westfalen, das nun thatsächlich eine bayrische Provinz wurde. Denn Ernst, der auch von sehr leichten Sitten war, erhielt zu den drei Bistümern, die er bereits besaß, noch das Erzstift Köln und dann noch Münster dazu. Die Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Salzburg rotteten (1586) den Protestantismus in ihren Landen vollständig aus und bevölkerten die Klöster wieder. Die freie Stadt Köln, in der es eine starke protestantische Strömung gab, bestrafte den Besuch der reformierten Predigt mit Kerker und Geldbußen. Die Bürgerschaft von Aachen hatte allen Mandaten, durch die der Kaiser dem Papismus wieder zur Alleinherrschaft in der alten Krönungsstadt hatte verhelfen wollen, festen Widerstand geleistet. Jetzt wurde die Stätte, von der die alte deutsche Kaiserherrlichkeit ihren Ausgang genommen, am 30. Juni 1508 in kaiserliche Acht erklärt. Kurfürst Ernst von Köln wurde mit der Vollstreckung derselben beauftragt, und nun rückte spanisches Kriegsvolk vor Aachens Mauern. Die ganze Stadt wurde zum Papismus zurückgezwungen. Im Herbst darauf brach der fanatische Admiral Francisco M endo za mit 20 000 Spaniern in Deutschland ein und stellte im ganzen Rheingebiete auf beiden Seiten des Stromes unter furchtbaren Greueln die Alleinherrschaft der Kirche Roms wieder her. In Augsburg und Regensburg gewannen die Katholiken die Oberhand und vertrieben ihre Gegner. Herzog Wilhelm V. von Bayern, Albrechts Nachfolger, unterwarf sich vollständig den Jesuiten und übertrieb seine Bußübungen in beinahe unglaublichem Maße; er stiftete neue Jesuitenkollegien und brachte durch seine Frei-

6. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 197

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
197 „sonderlicher Freund der edlen Artoll'rei". Nicht fromme Hymnen liebte er, nicht Orgelklang und Chorgesang, sondern vielmehr den brausend dumpfen „Basso" der Geschütze, die Tonreihe der „Arkelei" von der „Quartanschlange" an bis zur „Karthaune". Dies Brüllen seiner gewaltigen Stücke war ihm der liebste Ton. Zwistigkeiten mit der Stadt konnten nicht ausbleiben; sie resultierten aus der unklaren Rechtsstellung, welche gewisse Gemeinwesen im Reiche einnahmen. Denn abgesehen von den entschieden reichsunmittelbaren oder entschieden landsässigen Städten gab es in Deutschland noch andere Orte, welche sich zwar in einer gewissen Abhängigkeit von der Landesherrschaft befanden, auf der andern Seite aber viele landesherrliche Rechtebesaßen. Diese nicht reichsfreien und zugleich nicht landsässigen Städte pflegte die Sprache des deutschen Staatsrechts als »Civitates mixtae« zu bezeichnen. In diesem eigentümlichen Rechtsverhältnis lag sehr häufig die Veranlassung zu ärgerlichen Streitigkeiten, welche jetzt in dem Zeitalter der „Staatsraison" sämtlich zu Unguusteu der Bürgerschaften entschieden wurden. So geschah's z. B. in dem goldnen Mainz, zu Erfurt, zu Magdeburg und Braunschweig, — so auch zu Münster. Der Bischof verlangte nämlich das »Jus praesidii«, das Besatzungsrecht; die Stadt verweigerte dasselbe und klagte gegen ihren Herrn beim Reichskammer- und Reichshofgerichte. Die Entscheidung derselben erging gegen die Bürgerschaft. Der Rat zu Münster wußte nunmehr, was von dem Bischof Christoph Bernhard zu erwarten war; er bemühte sich deshalb um Hilfe bei der Hansa und den vereinigten General-Staaten Hollands. Der Bischof Bernhard dagegen verlegte seine Residenz nach Dülmen, und in der Stadt scheint jener alte, wilde Sinn, welchen wir so oft bei mittelalterlichen Bürgern antreffen mußten, wieder aufgelebt zu sein. Auf den Straßen und den lindenbeschatteten Plätzen von Münster erklang das Spottlied: „Berndkm von Gaolen Kann Puchen, kann prahlen, — Kann stinken, kann leigen, Kann Lüde betragen!" Alle Verhandlungen nutzten nichts; die Forderungen und der Groll waren auf beiden Seiten viel zu hoch gespannt. Münster hoffte sicher auf die Hilfe der Holländer. Da stieg denn wohl die leidenschaftliche Erregung gegen Bischof Bernhard so weit, daß der städtische Abgeordnete van Eitzen in Gegenwart des kaiserlichen Residenten Friquet

7. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 198

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
198 ausrief: „Wir wollen lieber des Türken, ja des Teufels sein, als diesem Bischöfe uns unterwerfen! Die Religion, die kümmert uns nicht mehr!" — Es ist das Echo des Geusenwahlspruches: „Weit lieber Türf als Pfaff'!", welches nach Deutschland herübertönt! Endlich kam's zum Kampfe, und die überlegene Streitmacht Bernhards siegte. Am 10. Juli 1661 konnte der Fürst seinen Einzug in die überwundene Stadt halten. Er hatte — sehr bezeichnend — den gesamten Landadel zur Teilnahme an der Festlichkeit aufgefordert; die recht bedeutende Kriegsmacht, welche ihn umgab, zeigte den Bischof Bernhard im Glanze eines Triumphators. Seine „Constablerkapelle", d. H. sein Artilleriepark, „hatte Türm' und Mauern weich gemacht"; er hielt sein Siegesmahl in den zerschossenen Stadtbefestigungen zwischen Kugeln und Bomben, welche hier und dort den Grund bedeckten, und ließ, sobald man „über dem Weine" eine Gesundheit ausbrachte, achtzig Karthaunen lösen. Ein von den Jesuitenschülern aufgeführtes „lustiges" Drama „Daniel und Evil-Merodach" folgte diesem Siegesfeste, und die Kanonen der Basteien, die Feldstücke der Citadelle spielten das Finale. Das Schicksal einer so berühmten Stadt wirkte auf das gesamte Städtewesen Deutschlands merklich ein. Jene Scheu, welche fürstliche Gewalthaber bis dahin noch vor größeren Städten gehabt hatten, war nun ganz und gar verschwunden. Katastrophen anderer Städte schlossen sich diesem Falle der Stadt Münster unmittelbar und in schneller Reihenfolge an. — Ein Ringen und ein Kämpfen überall um die letzten Reste alter Selbständigkeit des deutschen Bürgertumes; — aber ein Ringen und ein Kämpfen ohne Heldenmut, -— ohne Begeisterung, ohne Größe, ohne Todesfreudigkeit! — Und nicht allein, daß deutsche Bürger sich jetzt den hochgebietenden Fürsten demütig fügen lernten, — daß die stolze Ader republikanischen Sinnes in ihnen ausblutete: nein, sie lernten selbst, vom Reiche scheiden und fügten sich in Kleinmut auch der fremden Macht, dem fremden Herrscher! Wir bringen ein Beispiel dafür! Auch die Katastrophe von Straßburg gehört in eine Geschichte dieser Zeit; sie vor allem führt uns mitten ein in diese wirre, trübe, vaterlandslose Zeit! Die Krone Frankreich folgerte bekanntlich aus dem Frieden zu Nyniwegeu für sich das Recht der Oberherrschaft über alles Land von Lothringen und Elsaß. Wohl sah die Bürgerschaft der alten, edlen Reichsstadt Straßburg es voraus, daß sie nun baldigst an-

8. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 202

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
202 wunderschöne hieß im deutschen Liede! Aus Beschämung und aus Trauer erschienen die Bürger weder auf den Straßen noch an den Fenstern; nur der Pöbel und — der Rat empfingen die neuen Herren. Ludwig Xiv. war indes der L-tätte deutscher Schmach näher gekommen; am 3. Oktober erfolgte in der lothringischen Festung Vitry die Bestätigung der Kapitulation, und am 4. huldigte der Rat durch Eid und Handschlag seinem neuen Herrn, dem Commandant- de - Ville Ms. de Chamilly! Nur einer von den Bürgern Straßburgs hat damals deutschen Mut gezeigt. Er hatte sich aufgerafft, war ans Fenster getreten und hatte sein Gewehr auf die französischen Soldaten abgeschossen, die dort unten jubelnd, lachend dahinzogen. „Ich sterbe willig," war sein letztes Wort, „nachdem ich diese Schmach dort meiner Vaterstadt genommen habe, daß nicht eine Hand sich bereit fand zur Gegenwehr, — daß nicht ein Schuß wider den Feind gefallen ist!" Die erzählten Begebenheiten sind Illustrationen zu dem politischen Elende, welches über das deutsche Volk, das deutsche Bürgertum gekommen war. Jener waffenfrohe Sinn, welcher das frühere Bürgertum so rühmlich ausgezeichnet hatte, er war erloschen, war verschwunden! Am klarsten wird uns dieses tiefe Elend des politischen Zustandes unseres deutschen Bürgertums, wenn wir den Blick auf unsere vielberufenen Reichsstädte richten. Noch fristeten einundfünfzig derselben ein klägliches Scheindasein als Städte von der „Rheinischen und schwäbischen Bank". Sie existierten eben, sofern es nicht einem mächtigen Nachbar gefiel, sich einfach ihrer zu bemächtigen. Kaum daß sie noch zu Regensburg, dem nunmehrigen Mittelpunkte des „Reiches", eigene Residenten hielten. Wenn diese lächerlich ohnmächtigen Reichsstädte, welche in der That zu Acker- und Handwerkerstädten herabgesunken waren, gegen den „Türken" oder irgend welchen anderen Reichsfeind ihr matrikelmäßiges Kontingent stellen mußten, so montierte und armierte der Rat natürlich das jämmerlichste Gesindel, welches nur irgend bei einer Werbetrommel sich einfinden konnte. Diese Reiter und Fußgänger von Bopfingen, Aalen, Jsny und Gingen halfen mit den Knechten der gefürsteten Abteien und den stolz in angestammte Wappensarben bunt gekleideten Mannschaften deutscher Reichsritterschaft wesentlich dazu, der Reichsversassung jenen schneidenden Spott zu verschaffen, welchen die jungen Militärstaaten über sie ausgossen. Daß er Waffen tragen durfte, war sonst des deutschen Bürgers Stolz gewesen, und das Wort „Spießbürger" hatte für einen Ehrentitel einst gegolten.

9. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 32

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
32 Aber die Ritterschaft ließ sich durch diese moralische Niederlage nicht aufhalten. Immer unerträglicher war ihre wirtschaftliche Lage geworden; immer verbitterter sah sie sich auch unter dem neuen Regiment politisch zurückgestellt; immer verhaßter erschien ihr der Städter im gesellschaftlichen Wettbewerb um die aristokratische Führung der Nation. Im Jahre 1521 gärte es überall; die schwäbischen Adligen planten ihren Austritt aus dem fürstenfreundlichen schwäbischen Bunde; die Ritterschaft am Mittel- und Oberrhein hatte Sickingen in Landau zum Hauptmann ihrer neuen „brüderlichen Vereinigung" gewählt und erwartete voll Spannung die weiteren Maßregeln ihres Hauptes. Sickingen hatte auf Seite Karls V. am Kriege gegen Frankreich teilgenommen. Aber der Kampf hatte ihm nur Verlust und Enttäuschung gebracht. Jetzt zog er heimwärts mit müßigen Truppen. Lag es nicht nahe, diese für die Freiheit des Adels im Kampf gegen die fürstliche Geistlichkeit einzusetzen? Einen Ansang zu machen mit dem großen Gedanken der Säkularisation geistlichen Gutes? Die Idee hatte Sickingen und seine Kreise schon früher beschäftigt; möglich, daß sie jetzt von neuem, nun praktisch verwendbar auftauchte. Freilich, über den innersten Beweggründen Sickingens in diesem Augenblick, da er dem Reich die Treue brach, lagert nicht minberes Dunkel, wie über dem entsprechenben Momente im Leben Wallensteins, des zweiten großen Conbottieres der beutfchen Geschichte. Es waren treulose Erwägungen, ungewohnt dem beutfchen Gemüt, ungewohnt auch dem Geschichtschreiber, der sie nachzudenken die Pflicht hat. Sickingen schien sich anfangs gegen Worms oder Speier wenben zu wollen, schließlich brach er gegen das Kurfürstentum Trier los, gegen das er wegen Reichsverweigerung im einzelnen gerechte Beschwerde hatte. Am 27. August 1522 sagte er die Fehde auf, am 8. September erschien er vor der Stadt Trier und versprach den Bürgern, sie „von dem schweren antichristlichen Gesetz der Pfaffen zu erlösen und zu christlicher Freiheit zu bringen". Allein die Bürger hörten ihn nicht, und der Erzbischos Richarb von Greifendem, ein hochgemuter und kriegerischer Herr, zwang ihn, das Feld zu räumen; unter entsetzlichen Verwüstungen zog er sich ins untere Nahethal, den Hauptsitz seiner Macht, zurück. Das alles nun, die revolutionären Bewegungen unter dem Adel wie der Zug Sickingens, hatte sich vereinigt, ohne daß das Reichsregiment imstanbe gewesen war, einzugreifen: woher hätte es hierzu

10. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 141

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
141 jedem Falle zum Tode verurteilt und verbrannt werden konnten. Der Verfasser des Hexenhammers und seine Gehilfen waren denn auch nicht lässig in der Ausführung ihrer Grundsätze. Sprenger ließ in kurzer Zeit in Konstanz und Ravensburg 48 Weiber verbrennen. Ein einziger Ketzerrichter, Balthasar Voß zu Fulda, ließ in 19 Jahren 700 Hexen und Zauberer verbrennen und hoffte stets, es noch auf tausend zu bringen; ein anderer, Remigius, Verfasser einer Daemonolatria, ließ gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts in Lothringen in 16 Jahren 800 Hexen verbrennen, denen er schließlich selbst als Zauberer in den gleichen Tod folgen mußte. Zu Braunschweig bildeten am Ende des sechzehnten Jahrhunderts die Brandpfähle der Hexenhinrichtungen, deren oft zehn bis zwölf an einem Tage stattfanden, einen Wald vor dem Thore. In Quedlinburg wurden 1589 an einem Tage 133 Hexen „im Rauche gen Himmel geschickt". Im Fürstentum Neisse wurden von 1640 bis 1651 gegen 1000 Menschen verbrannt, darunter Kinder unter sechs Jahren. Christoph von Ranzau, der vom protestantischen zum katholischen Glauben übergetreten war, ließ 1686 auf seinen holsteinischen Gütern 18 Hexen verbrennen. Zu Rottweil in Schwaben wurden von 1561 bis 1648 113 Hexen verbrannt, zu Nördliugen von 1590 bis 1593: 35, zu Effeuburg in vier Jahren 60, zu Windheim im Jahre 1596: 23, zu Freiburg im Breisgau von 1579 bis 1611: 34, in der bayrischen Grafschaft Werdenfels 1589 bis 1592 an sieben Gerichtstagen 48, zu Thann im Elsaß von 1572 bis 1620: 152, zu Schlettstadt 1629 bis 32: 72 Hexen. Georgenthal in Sachsen-Gotha hatte 1670 bis 1675 nicht weniger als 38 Hexenprozesse. Am fürchterlichsten wütete man gegen die vermeintlichen Hexen in den geistlichen Fürstentümern, namentlich in der Zeit, als die Jesuiten daselbst den größten Einfluß ausübten. Das Bistum Bamberg sah 1625 bis 1630 etwa 600, das Bistum Straßburg von 1615 bis 1635 gegen 5000, das Stift Würzburg 1627 bis 1629 in 29 Bränden gegen 200 Hexen brennen; unter letzteren waren auch etliche Kinder von acht bis zwölf Jahren. In Salzburg gab es 1678 einen Hexenprozeß gegen 97 Personen, welche eine Rinderpest herbeigeführt haben sollten. In Regensburg ließ man 1595 ein Mädchen verhungern, dazderpro-angeklagt war, Mäuse gemacht und Liebestränke bereitet zu haben. bieitsu” Zu den deutschen Frauen, gegen die ein Hexenprozeß angestrengt §#£,*? wurde, gehört auch die Mutter des großen Mathematikers und Astro- ^piev.
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